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„Freilach“, so lautete der Titel für einen Abend mit jüdischer Musik, welcher im Rahmen des alljährlichen Festivals von Westfalen Classics wieder einmal von herausragenden Musikern in einer der schönsten Klosterkirchen der Region, Gut Holthausen Büren, vorgetragen wurde und dessen Facettenreichtum kaum zu überbieten war. Wenn Friedrich Dürrenmatt einst feststellte, dass sich im Lachen die Freiheit des Menschen manifestiere und im Weinen seine Notwendigkeit, so trifft dies unbedingt auf die jüdische Musik zu. Ob es die Stücke aus der beginnenden Romantik durch den so oft in seiner Bedeutung übersehenen Mendelssohn Bartholdy sind, die in einem formgerechten Dreiklang von Piano, Violine und Violoncello auf harmonischste, zarteste und doch auch leidenschaftlichste Weise dargeboten wurden, oder solche die mit den schon nahezu unspielbaren dadaistischen Klängen des Avantgardisten Erwin Schulhoff in einer 12-Ton Klaviatur zwischen Jazz und Klassik schwingen sollten, oder aber es jene sind, die in leichter Café Musik durch ein Paul Schoenfield aus den 70er Jahren zu tänzerischer Lebendigkeit anspornten, sie alle zeugen von tiefster Fröhlichkeit und höchster Wehmütigkeit. Hier wird das Glücksmoment in Moll gehalten, pfeifende Violinentöne zu avantgardistischem Aufbegehren und zartem Nachdenken über das Cello hinweg zu jazzig herzerwärmender Musik am Klavier ausgespielt. Ein wahrhaft facettenreicher und unterhaltsamer Abend, der in Höhen und Tiefen an allen drei Instrumenten und anhand von Stücken unterschiedlichster jüdischer Komponisten von dem Intendanten Gernot Süßmuth an der Violine, dem bereichernden Ramón Jaffé am Violoncello und der herausragenden Pianisten Monica Gutman in eindringlichster Weise vorgeführt wurde. Mit einem fantastisch beschwingten und flotten Tanzstück wird das Publikum in einer fröhlichen Stimmung entlassen, die nun doch mehr Aussicht auf Freiheit denn auf Traurigkeit in einem zurücklassen sollte. Im Einklang mit der fürsorglich gestalteten und mit Kerzen erhellten Klosterkirche zeigte sich dem Publikum einmal mehr, wie eine gelungene Komposition aus Kultur, Kunst und Musik über die Zeiten hinweg noch immer zutiefst berührend, belebend und befreiend ist und auf den Menschen nachhaltig wirken kann. So wird der Titel „Freilach,“ der dem Opus 21 des jüdischen Komponisten Joel Engel „Freylekhs“ entnommen ist, nicht nur Programm des Abends sondern auch Ergebnis des Gefühls aller, denn er heißt ins deutsche übersetzt: Fröhlichkeit.
Daniela Stursberg